Sonntag, 11. Mai 2008

Bayern und Böhmen – 1500 Jahre Nachbarschaft.


Erst nach 1945 erhielt die tschechisch-deutsche Beziehungsgeschichte eine besondere bayerische Komponente. Denn Bayern wurde zur Heimat von rund 1 Million aus der Tschechoslowakei geflüchteten und vertriebenen Deutschen: Sie galten nun als „vierter Stamm Bayerns“, dessen Vertretung sich die Münchner Regierung zu eigen machte. Rasch wurde nach der Wende 1989 auch der Kontakt zu Prag aufgenommen, in besonderem Maße auf wirtschaftlichem Gebiet.
Was verbindet Bayern und Böhmen? Die räumliche Nähe beider Länder war der Grund vieler Berührungspunkte seit dem frühen Mittelalter. Es führten wichtige Fernhandelsstraßen (Goldene Straße!!) durch beide Länder, es gab Kultureinflüsse in Brauchtum und Sprache, Eheverbindungen zwischen bayerischen und böhmischen Adelsgeschlechtern, Handwerker und Baumeister trugen ihr Wissen über die Grenzen. Auch politisch waren die Beziehungen zwischen Bayern und Böhmen eng, wenn auch nicht immer konfliktfrei.
Die religiösen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern waren über Jahrhunderte von einem intensiven Austausch geprägt. Das 973 gegründete Bistum Prag wurde dem Mainzer Erzbischof unterstellt und somit eine weitere Ausdehnung der Erzdiözese Salzburg und ihre Bistümer Regensburg und Passau ins slawische östliche Mitteleuropa unterbunden. Die Christianisierung Böhmens ging 795 von Regensburg und den Benediktinerklöster Niederbayerns aus.
Verlief die Hauptrichtung der kulturellen Beeinflussung im Hochmittelalter von Bayern nach Böhmen, so drehte sie sich mit dem Aufstieg des kaiserlichen Herrschaftszentrums Prag in die Gegenrichtung um. Auch die 1348 gegründete Prager Karls-Universität und der böhmische Frühhumanismus wurden für Bayern zu einem religiösen und liturgischen Impulsgeber.
Massentourismus wird der Besucher entlang der bayerischen-böhmischen Grenze kaum finden, dafür aber eine sehenswerte Landschaft. Das heutige Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) in der Grenzgemeinde Schönsee, Landkreis Schwandorf, wird immer mehr zur Kulturdrehscheibe zwischen bayerischen und tschechischen Nachbarregionen.